Blockaden: Ein Weg zum Erfolg
Wir haben für euch hier grundlegende Informationen zum Thema „Blockaden“ zusammengestellt. Denn so einfach, wie es auf den Pressefotos aussieht ist das Hinsetzen – und Sitzenbleiben! – an der richtigen Stelle nicht immer. Weiterführendes Material haben wir in der Seitenleiste verlinkt. Wer richtig gut vorbereitet sein möchte, besucht am besten vor dem „Tag X“ ein Blockade- oder Aktionstraining und organisiert sich in einer Bezugsgruppe.
Kommt nach vorne!
Es gibt viele Möglichkeiten, gegen Naziaufmärsche vorzugehen. Manche veranstalten ein „Demokratiefest“, stellen Lichterketten auf oder fegen dem Aufmarsch symbolisch hinterher. Andere versuchen, die Nazis direkt anzugreifen, suchen die Konfrontation. Eine weitere Möglichkeit – die sich in den letzten Jahren an zunehmender Beliebtheit erfreut – besteht im Blockieren der Naziroute mit Massenblockaden, um einen Aufmarsch undurchführbar zu machen, denn wie jedeR aus dem Physikunterricht vielleicht noch weiß: wo ein Körper ist, kann kein zweiter sein.
Warum Blockaden?
Wir wollen hier einmal etwas genauer erklären, warum wir das Konzept von Blockaden (im Moment) für das am Erfolgversprechende halten und wie so eine Blockade funktionieren könnte. Die Vorteile einer Blockade liegen klar auf der Hand: Zum einen kann sich eine Vielzahl von Menschen unterschiedlicher Couleur daran beteiligen. Zusätzlich findet diese Aktionsform eine sehr breite gesellschaftliche Akzeptanz, was es Polizei und Repressionsorganen schwieriger macht, sie zu kriminalisieren. Zum anderen kann mensch auf diese Weise die Nazis konkret in ihrem Handeln behindern, im besten Falle das Losmarschieren sogar verhindern oder einen Abbruch erzwingen. Im Gegensatz zu den symbolischen Aktionsformen wie Lichterketten oder einer „Meile der Demokratie“, die zwar das eigene Gewissen beruhigen, die Nazis selbst aber nicht stören, können Massenblockaden ein probates Mittel sein, um den Nazis direkt die Handlungsfreiheit zu nehmen. Und nicht zuletzt spricht auch der Erfolg für sich: Egal ob in Dresden in den letzten Jahren, oder beim Naziaufmarsch im April 2009 in Lüneburg oder auch die Blockade des Naziaufmarsches im letzten Jahr in Bad Nenndorf – überall wo in den letzten Jahren Naziaufmärsche behindert oder zum Abbruch gebracht werden konnten, gelang dieses nicht durch Symbolaktionen oder direkte Angriffe auf Nazis – sondern aufgrund von Massenblockaden.
Wie kann so eine Blockade entstehen?
Meist fangen solche Blockaden klein an. Obwohl die Polizei versucht, jede Straße, jeden Weg und jeden Trampelpfad abzusperren, findet sich immer irgendwo eine kleine Lücke, ein unbeaufsichtigter Moment, eine Gelegenheit für Menschen direkt auf die Route der Nazis zu gelangen. Hilfreich dafür ist die Nummer des Infotelefons oder der Ticker, wo ihr Informationen über den Standort der Nazis, bestehende Blockaden oder Polizeibewegung erhaltet. Hat eine Gruppe nun die Strecke erreicht, stellt sie im Grunde schon die erste kleine Blockade dar.
Im Idealfall habt ihr ein Transparent dabei, was es einerseits anderen GegendemonstrantInnen und der Öffentlichkeit (Presse) ermöglicht, euch als Nazigegner_innen zu erkennen und andererseits verhindert, dass Nazis oder Polizei euch ungehindert abfotografieren können. Eine Blockade kann aus stehenden oder sitzenden Menschen gebildet werden, miteinander verhakt oder lose beieinander sitzend/stehend. Alles hat seine Vor- und Nachteile.
So vermittelt eine sitzende Blockade einerseits Entschlossenheit: „Wir sitzen hier, wir gehen nicht weg, auch wenn ihr euch auf den Kopf stellt.“ Des weiteren wirkt eine Sitzblockade auf die Polizei weniger aggressiv und macht es zumindest von der Außenwirkung her schwieriger, sie einfach von der Straße zu prügeln. Die Nachteile liegen allerdings ebenso auf der Hand. Ihr seid weniger mobil, könnt auf Angriffe durch die Polizei nur eingeschränkt reagieren und seid im Zweifelsfall eher um passiven Reagieren als zum Agieren verdammt. Eine stehende Blockade ermöglicht dagegen eine stärkere Gegenwehr gegen Angriffe der Polizei, vermittelt auch optisch eine aggressivere Handlungsfreiheit nach dem Motto: „Wir lassen uns nicht wegtragen, wir werden uns dagegen wehren, von euch abgeräumt zu werden.“ Andererseits ist vielleicht nicht jedeR bereit so aufzutreten, außerdem reagiert die Polizei oft von sich aus aggressiver auf stehende, verhakte Blockaden und geht härter gegen diese vor bzw. versucht, die Protestierenden zu spalten. Die Optionen über das WIE einer Blockade muss jedeR für sich selbst abwägen.
Ihr seid also auf der Strecke, steht oder sitzt nun da und dann? Nun ist es gut, dass Infotelefon zu informieren. Nur wenn andere von eurer Blockade erfahren, ihr vielleicht sogar mitteilen könnt, wo ein Durchkommen möglich war, könnt ihr Verstärkung erwarten. Mit ein wenig Glück stoßen bald noch mehr Leute zu euch und ihr bildet ein Hindernis, das nicht so einfach zu umgehen oder zu räumen ist. Bleibt auf jeden Fall vor Ort, auch wenn von Nazis oder Polizei noch weit und breit nichts zu sehen ist. Manchmal dauert es, bis jemand auf euch aufmerksam wird; sei es weil die Polizei an der Stelle unterbesetzt ist, sei es weil die Nazis schon woanders blockiert werden. Wenn ihr auf der Route der Nazis seid, seid ihr auf jeden Fall goldrichtig! Richtet euch auf einen längeren Aufenthalt ein.
Wie es weitergeht, liegt dann nur noch begrenzt in eurer Hand. Viel hängt davon ab, wie groß der Wille von Politik und Polizei ist, den Naziaufmarsch auf Biegen und Brechen durchzusetzen. Vielleicht prügeln sie den Aufmarsch durch. Vielleicht brechen sie ihn ab, weil ein Durchsetzen unverhältnismäßig wäre. Vielleicht räumen sie eure Blockade ab, was es aber anderen Menschen ermöglicht, auf die Strecke zu kommen. Gebt nicht einfach auf, sondern versucht es an anderer Stelle erneut! Auf jeden Fall ist euer Einsatz nicht umsonst. Seid standhaft, haltet aus, aber verheizt euch selbst nicht!
Tipps und Tricks:
1. Was kannst du gegen den Naziaufmarsch tun?
Es gibt viele Formen aktiv zu werden und den Protest auf die Straße zu tragen. So kannst du dich vorweg bei der Mobilisierung einbringen und mit Plakaten, Transparenten und Aufklebern die Menschen in Dresden (und anderswo) über die Gegenaktionen informieren. Am Tag selbst gibt es dann vielfältige Aktionen: Du kannst zu den angemeldeten Gegenkundgebungen und Treffpunkten gehen, versuchen den Nazis gleich die Anfahrt zu verderben oder wie es am 6. Juni wichtig sein wird, zu den Blockaden gehen. Diese werden am 7. Juni der Hauptaktionspunkt sein. Wenn du, deine Freund_innen und viele andere die Straßen dicht machen, dann können wir es schaffen die Nazis zu stoppen.
2. Was ist eine Bezugsgruppe und warum solltest du in so einer unterwegs sein?
Am besten ist es mit so vielen Leuten wie möglich unterwegs zu sein, ihr solltet euch dann aber noch in kleinere Bezugsgruppen aufteilen, so könnt ihr besser aufeinander achten und es geht nicht so schnell jemand verloren. Eine Bezugsgruppe sind du und ca. vier Freund_innen von dir. Ihr seid dann den ganzen Tag über zusammen unterwegs, klärt vorher ab, was ihr euch am Tag vorstellen könnt zu tun – ob ihr an einer Kundgebung oder an den Blockaden teilnehmen möchtet. Wenn ihr bei den Blockaden dabei sein wollt besprecht, ob ihr sitzen oder stehen wollt. Sprecht auch über eure Ängste und darüber, was ihr nicht machen wollt. Macht einen Treffpunkt ab, falls ihr euch verlieren solltet. Wenn ihr euch im Gewimmel verliert, ist ein Kennwort/Rufname, z.B. Apfelmus oder Einhorn, hilfreich um euch schnell wieder zu finden. Durch diesen Rufnamen vermeidet ihr es, eure richtigen Namen durch die Gegend rufen zu müssen.
3. Woran solltet ihr am Tag denken?
Immer dabei haben solltet ihr:
- gültigen Personalausweis/offizielles Ausweisdokument
- Kleingeld für eine Telefonzelle
- Medikamente (falls nötig)
- Material für Notizen, Zettel, Stifte etc.
- Stadtkarte
- Tuch, Cap und Sonnenbrille um euch vor unliebsamen Blicken und Fotos zu schützen
- bequeme Klamotten und festes Schuhwerk (keine Stahlkappenschuhe – sind auf Demos verboten)
- Trinken und Essen für einen langen Tag
Was ihr gleich zu Hause lassen solltet:
- Alkohol und Drogen (auch nüchtern zur Demo hin- und wieder wegfahren)
- Kalender, Fotos und Telefonnummern, da diese die Polizei nichts angehen
- Cremes, Make-Up und Kontaktlinsen (diese könnten, falls ihr in solch eine Situation kommt, die Wirkung von Pfefferspray verstärken)
Handys sind ein Sonderfall
Nehmt ihr welche mit, dann sollten sie immer aus sein, wenn ihr sie nicht gerade benutzt, denn die Polizei kann über eure angeschalteten Handys sehr gut ein Bewegungsprofil von euch erstellen. Es ist auch ratsam Nummern, Anruflisten, SMS, Fotos etc. zu löschen. Denn falls ihr in Gewahrsam genommen werdet und eure Handys doch an sein sollten, wird sich die Polizei mit Sicherheit eure Handys ganz genau angucken und zwar alles!
Wichtig für den Tag sind nur die Nummern der Infotelefone, dem Ermittlungsausschuss (EA) und gegebenenfalls die Sanitätsnummer. Wenn eure Handys internetfähig sind, so könnt ihr euch auch über den WAP-Ticker und Twitter informieren.
Was noch wichtig ist:
Die Nummern vom Ermittlungsausschuss (EA) und die Infonummer solltet ihr euch auf den Arm oder das Bein mit einem wasserfesten Stift schreiben, ein Zettel kann verloren gehen oder euch von der Polizei weggenommen werden.
Ermittlungsausschuss (EA):
Der EA ist ein Kreis von Leuten, der euch zur Seite stehen wird, falls ihr von der Polizei in Gewahrsam genommen werdet. Er kümmert sich um Anwält_innen, wenn es nötig ist. Die Nummer könnt ihr anrufen, wenn ihr selbst festgenommen werdet oder dies bei jemand anderem beobachtet. Sagt den Leuten euren Namen, eure Geburtsdaten, die Stadt aus der ihr kommt, sagt unbedingt Bescheid, falls ihr verletzt worden seid und, wenn ihr es wisst, was euch vorgeworfen wird – mehr nicht. Erzählt nicht was ihr gesehen habt oder wirklich getan habt, denn die Polizei hört mit und dadurch könntet ihr euch oder andere belasten. Wenn ihr wieder frei kommt, meldet euch bitte wieder beim EA und sagt denen Bescheid, denn sonst würden die sich weiter darum kümmern, dass ihr wieder raus kommt.
Die EA-Nummer für Dresden wird kurz vor dem 7. Juni veröffentlicht.
Infotelefon/Ticker:
Diese Nummer könnt ihr anrufen wenn ihr aktuelle Informationen zum Tag haben wollt, wissen möchtet wo gerade Blockaden sind und ob oder wo die Nazis laufen. Den Ticker könnt ihr über ein WAP- oder Internetfähiges Handy abrufen.
Die Nummer der Infotelefons und die Internetadresse des Tickers werden kurz vor dem 6. Juni veröffentlicht.
4. Wie geht es nun bei der Blockade weiter?
Ihr wollt zu einer Blockade oder eine eigene starten? Zum einen wird es Treffpunkte geben (die kurz vor dem 7. Juni veröffentlicht werden), von denen gemeinsam zu den Blockaden aufgebrochen werden soll. Hier beachtet bitte Durchsagen und Hinweise.
Die Polizei wird versuchen, euch davon abzuhalten, zur Route der Nazis zu kommen. Also versucht es mit verschiedenen Strategien und probiert unauffällig zu bleiben, um an den Polizeiketten vorbeizukommen oder gebt z.B. an, dass ihr Freunde besuchen möchtet, die in der Richtung wohnen. Außerdem muss die Polizei euch – zumindest theoretisch – zu angemeldeten Kundgebungen durchlassen. Wenn das nicht klappt und ihr genug Leute seid, könnt ihr versuchen Absperrungen zu überwinden und Polizeiketten zu druchfließen. Wenn es geklappt hat, dann nichts wie ab auf die Route und blockieren. Bedenkt aber immer, dass der richtige Zeitpunkt und Ort sehr wichtig sind. Wenn ihr es geschafft habt, ruft beim Infotelefon an und sagt den Leuten Bescheid – nur so kann eure Blockade größer werden! Falls die Polizei die Blockade räumen will, ist Zusammenhalt wichtig. Wenn ihr wollt, könnt ihr euch einhaken, denn: einzelne Personen kann die Polizei viel leichter wegtragen, als eine entschlossene Masse.
5. Im Polizeikessel gelandet?
Es kann passieren, dass ihr von der Polizei eingekesselt werdet. Bleibt ruhig und lasst euch von der Polizei nicht einschüchtern. Ruft den EA und das Infotelefon an, sagt Bescheid, wo und wie viele ihr seid. Wenn die Polizei anbietet einzelne Leute nach Vorzeigen des Personalausweis gehen zu lassen, spart euch das. Lasst niemanden hängen und bleibt lieber solidarisch mit den anderen im Kessel. Macht auf eure Situation aufmerksam und kümmert euch umeinander.
6. Festnahme und was dann?
Wenn ihr Pech habt, nimmt euch die Polizei mit. Bleibt ruhig und sagt euren Freund_innen, dass sie den EA informieren sollen. Wenn ihr doch alleine unterwegs seid, versucht umstehende Personen dazu zu bringen. Verweigert jede Aussage, das selbe würde euch auch jede/r AnwältIn raten. Ihr schweigt die ganze Fahrt über und sagt der Polizei nichts außer den Angaben zu eurer Person. Das ist das was auf dem Personalausweis steht plus eine ungefähre Berufsbezeichnung (Schüler-in, Student_in, Arbeiter_in etc.). Mehr müsst ihr nicht sagen, mehr geht die nicht an. Denkt dran, die haben euch gerade mitgenommen, die wollen euch nicht helfen. Geht auch auf keine Gespräche ein, auch wenn es nur um das Wetter geht. Lasst euch nicht einschüchtern und unterschreibt nichts. Besteht darauf, dass ihr zwei Anrufe tätigen dürft. Die Polizei gewährt meistens nur einen, das reicht aber um den EA anzurufen, jetzt könnt ihr auch das Kleingeld gut gebrauchen! Nach der Freilassung ruft wieder den EA an.
7. Der Rückweg bleibt ein Risiko
Fahrt nicht allein nach Hause, die Nazis können noch irgendwo auf der Suche nach Gegendemonstrant_innen sein oder in den gleichen Zügen sitzen. Redet nicht in der Anwesenheit von Fremden über das Erlebte, egal wie toll und spaßig es war, das geht andere nichts an. Gebt euch am Ende ein Feedback, damit ihr bei späteren Aktionen euer Bezugsgruppenverhalten noch weiter verbessern könnt.
8. Der 6. Juni 2014 ist schon lange vorbei und ihr bekommt Post von der Polizei?
Es kann sein, dass ihr eine Vorladung von der Polizei bekommt, geht zu dieser auf keinen Fall hin und macht dort keine Aussagen! Euch entstehen dadurch keine Vorteile, sondern nur Nachteile. Denn alles was ihr bei der Polizei aussagt, kann, falls es zu einem Prozess kommt, gegen euch verwendet werden. Falls ihr eine Vorladung von der Staatsanwaltschaft bekommt müsst ihr hingehen, aber auch dort gilt: Macht keine Aussagen! Meldet euch bei örtlichen Antifa- oder Antirepressionsgruppen oder den Ortsgruppen der Roten Hilfe
Weitere Informationen zum Verhalten auf Demos und Aktionen und gegenüber Polizei und Justiz findet ihr in der Broschüre „Was tun wenn’s brennt?“ der Roten Hilfe.